Erweiterter Mutterschutz bei Fehlgeburten
Eine eigentlich unscheinbar daherkommende Gesetzesänderung im Mutterschutzgesetz mit Wirkung ab dem 01. Juni 2025 wird hoffentlich zu einer wirklichen psychischen, wie auch physischen Entlastung von Frauen im Arbeitsleben führen, die mit einer extrem belastendenden plötzlichen Lebenssituation zu kämpfen haben und bisher in gewisser Weise zumindest arbeitsrechtlich schutzlos gestellt waren.
Der Gesetzestext ändert sich wie folgt:
§ 2 MSchG
„………(6) 1Eine Entbindung ist eine Lebend- oder eine Totgeburt. 2Die Regelungen zur Entbindung finden im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche entsprechende Anwendung, soweit nicht in diesem oder einem anderen Gesetz Abweichendes geregelt ist.
(Gesetzestext § 2 Abs. 6 angef. mWv 1.6.2025 durch G v. 24.2.2025 (BGBl. 2025 I Nr. 59))
Jetzt gelten auch bei Fehlgeburten ab der 13. Woche zumindest gestaffelte Schutzfristen, in denen die Betroffenen Frauen arbeitgeberseits nicht beschäftigt werden dürfen und sie haben Anspruch auf Mutterschutzleistungen , wobei sich deren Dauer nach der jeweiligen gestaffelten Schutzfrist richtet.
Art. 1 Nr. 2 lit. b Mutterschutzanpassungsgesetz, welcher ab dem 1.6.2025 in Kraft tritt, lautet in Bezug auf Abs. 5:
(5) Bei einer Fehlgeburt darf der Arbeitgeber eine Frau nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt,
1. bis zum Ablauf von zwei Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche oder
2. bis zum Ablauf von sechs Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 17. Schwangerschaftswoche oder
3. bis zum Ablauf von acht Wochen bei einer Fehlgeburt ab der 20. Schwangerschaftswoche.
Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht.
98Nicht anwendbar im Falle einer Fehlgeburt sind allerdings Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 (Abs. 5 S. 3). Dies ist insofern von Relevanz, als die entbindungsbezogenen Regelungen des MuSchG im Falle einer Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche grundsätzlich entsprechende Anwendung finden (vgl. § 2 Abs. 6 S. 2;→ § 2 Rn. 55). Klargestellt wird damit aber, dass weder die vorgeburtliche Mutterschutzfrist des Abs. 1 (→ Rn. 31) noch die Verlängerung der nachgeburtlichen Mutterschutzfrist nach Abs. 2 S. 2 Nr. 1–3 (→ Rn. 75 f.) analog gelten.
Mit dem Abstellen auf die 13. Schwangerschaftswoche (15. Schwangerschaftswoche post menstruationem) sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im Allgemeinen die Schwangerschaft der Frau aus psychologischer Sicht als „sicher“ bewertet wird und sich die Bindung der Mutter zu ihrem ungeborenen Kind ab diesem Zeitraum besonders intensiviert hat (vgl. BT-Drs. 20/14231, 11). Weiterhin hat nach Auffassung des Gesetzgebers das vorzeitige Ende einer Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt einen stärkeren Rückbildungsprozess zur Folge und kann für die betroffene Frau gesundheitliche Folgen haben, die sich langfristig auf ihre Teilhabe auswirken kann (BT-Drs. 20/14241, 2).
Pia-Alexandra Kappus
Fachanwältin für Arbeitsrecht